Geschichte des Corps Frankonia Prag

Das Corps Frankonia Prag zu Saarbrücken wurde am 01.03.1861 in der damals zum Kaiserreich Österreich-Ungarn gehörenden Universitätsstadt Prag gegründet. Die Gründergeneration waren Studenten der Universität und der technischen Hochschule, deren gemeinsame Heimat das Egerland, eine Region im Westen Böhmens war. Die Bevölkerung von Eger sprach einen fränkischen Dialekt und betrachtete sich als Teil der Region Frankenland. Daher rührt auch der latinisierte Name unseres Corps.

Die Karlsuniversität Prag war früher die älteste deutschsprachige Hochschule Europas (gegründet von Kaiser Karl IV. im Jahre 1348). Die Stadt selber – auch das goldene Prag genannt – ist noch heute mit seinen vielen Kirchen, Palästen und dem Hradschin eine der schönsten Städte Mitteleuropas.
Diese interkulturell geprägte Stadt an der Moldau, wo einst die deutsche mit der tschechischen und der jüdischen Kultur jahrhundertelang nebeneinander bestehen konnte, war auch ein besonderer Platz für traditionelles Studentenleben.

Corpskneipekneipe in Prag, um 1930

Das studentische Leben im alten Prag war vielleicht nicht immer so romantisch wie in Heidelberg oder Tübingen, hatte aber aufgrund seiner Stadtgeschichte ein besonderes Flair. Man denke nur an die Geschichten über den Rabbi Löw, der einst mit Magie den berühmten Golem erschuf und wohl auch aus Blei Gold herstellen konnte. Prag war auch die Stadt des tschechischen Komponisten Bedrich Smetana und der deutschsprachigen Literaten Rainer Maria Rilke, Franz Kafka sowie des rasenden Reporters Egon Erwin Kisch.
Das Corps Frankonia war eine von den zahlreichen Studentenverbindungen in Prag und konnte sich gegenüber der Konkurrenz als kleine eingeschworene Gemeinschaft gut behaupten. Neben den Besuchen der Universität gehörte auch der Besuch der berühmten Caféhäuser und Gaststuben zum Programm, wo man auch mal den ein oder anderen berühmten Literaten, Künstler oder Journalisten treffen konnte. Der allgemeine Treffpunkt unserer Verbindung waren angemietete Räume in der Altstadt, wo die Prager Franken sich zum Feiern, zum Fechtunterricht und zum gemeinsamen Studieren trafen. Die deutschen Studentenverbindungen in Prag genossen an den Hochschulen ein hohes Ansehen, insbesondere das Corps Frankonia als eine der ältesten Korporationen der Stadt. Aufgrund persönlicher Beziehungen bestanden viele Kontakte zu gleichgesinnten Corps in Dresden, München, Wien und Brünn. Viele Franken hatten nach ihrem Studium angesehene Posten in der österreichischen sowie deutschen Industrie und Gesellschaft, als Bergwerksbesitzer, Staatssekretäre, Universitätsprofessoren oder Berufsoffiziere. Auch die politischen Umbrüche nach dem 1. Weltkrieg hat das Corps Frankonia überdauern können.

Mensur auf Prager Schläger (Plempe), um 1877

Allerdings war das Studentenleben von den unerfreulichen Nationalitätenkämpfen überschattet. Trotzdem schafften es die Prager Franken eine feste Gemeinschaft zu bilden, die damals schon neben dem Spaß und dem Erfolg im Studium, auch die lebenslange Freundschaft zum Ziel hatte.
Der Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die junge Tschechoslowakei im Jahre 1938 beendete die Kultur der deutschsprachigen Studentenverbindungen, wie so vieles andere auch. Das Ende des 2. Weltkrieges, die Vertreibung der Deutschen nach 1945 und der eiserne Vorhang besiegelten diese tragische Entwicklung. Eine Rückkehr der Franken nach Prag wurde damit mehr als unwahrscheinlich. Im Jahre 1954 haben wir Prager Franken uns entschieden, an der neu gegründeten Universität des Saarlandes den aktiven Betrieb wieder zu eröffnen. Seitdem sind unserer Studentenverbindung Studierende aller Fachrichtungen der saarländischen Hochschulen beigetreten, die aus dem In- und Ausland stammen. Schon vor dem Erwerb unseres schönen Corpshauses im Jahre 1968 fühlten wir Franken uns in Saarbrücken zuhause, auch wenn wir die Jahrzehnte unserer reichhaltigen Prager Geschichte in Ehren halten.
Als Corps verstehen wir uns als unpolitische und weltoffene Gemeinschaft von Studenten und Absolventen, die ein Leben lang füreinander da sind. Das ist wohl auch das Geheimrezept, dass wir uns über 150 Jahre lang so gut gehalten haben.